Ehrenmorde

Ein 18jähriger Afghane hat laut Medienberichten gestanden, sein 14jährige Schwester erstochen zu haben – „im Streit“. Ich sage: aus Wut. Das Mädchen war vor einer Woche aus eigenem Entschluss in ein Krisenzentrum des Jugendamtes gezogen, weil es sich daheim eingesperrt gefühlt hätte, nicht hätte fortgehen dürfen und sich nicht mit Freundinnen treffen, und immer hätte eine ältere Schwester als Aufpasserin dabei sein müssen (Salzburger Nachrichten, 19. 9. 2017, Seite 10). Und im Standard vom gleichen Tag lese ich (Seite 9), von einem Ehrenmord spräche man nur, wenn die Familie (oder ein Großteil davon) hinter dem Tötungsvorsatz stehe […]

Generationenverwirrung

Da schreibt doch Günter Traxler, im heutigen „Blattsalat“ im Standard in Bezug auf ein Loblied, das Sebastian Kurz auf seine Oma gehalten hat, nachdem er erst dessen Interviewworte aus der letzten „Krone bunt“ („Das ist die Generation, die unser Land nach dem Krieg mit viel Fleiß und Liebe aufgebaut hat; der wir unseren Wohlstand verdanken.“) zitiert, „schwadroniert der dankbare Enkel und lässt dabei geflissentlich unter den Tisch fallen, dass diese Generation unser Land zuerst ruiniert hat, um es wieder aufbauen zu können.“, und er resümiert: „Aber für solche Phrasen kann die Generation Oma sicher nichts.“ […]

Sprachkompetenz

Seit Jahren klagt die Pädagogenschaft über den zunehmenden Mangel an „sinnerfassendem Lesen“.

Ich beobachte zunehmend auch sinnerfassendes Zuhören.

Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere noch an die beiden TV-Spots, wo in dem einen die Steckdose hoch oben an der Wand abgebracht war und sich der Elektriker mit „Aber Sie haben doch 30 cm gesagt!“ verteidigte – nur war diese Maßangabe eben von unten gemeint – und im anderen befand sich das Urinal zwischen Kochherd und Spüle und der Wohnungsmakler sagte in etwa „Ist doch praktisch – da kann man die Essensabfälle gleich wegspülen!“

Diagnoxen

[…] Was aber gar nicht geht, ist, wenn ein Bundeskanzler bei einem seiner Mitbewerber vor laufender Kamera Verfolgungswahn „diagnostiziert“ (Österreich vom 9. 9. 2017, S. 6). Auch wenn „abgebrühte“ (!) Politiker solche sprachlichen Über- und Untergriffe gewohnt sein mögen […]

Schandfleck?

Mit „Sie hab’n a Haus baut“ hat sich Arik Brauer seinen ästhetischen Frust von der Seele gesungen. Sollen wir aktuell singen „Sie woll’n uns a Mauer herbauen“? Oder wäre das nur ein weiterer Beitrag zu dem mentalen Chaos, in dem „catch as catch can“ jeder jedem subtile Gewalt antut?

Testosteronbewältigung

Da schreibt Niki Glattauer – trotz achtenswerterweise Schriftstellerkarriere noch immer Lehrer und damit a priori Vorbild – im heutigen Sonntagskurier, wenn ein halbwüchsiger (Altersangabe fehlt, könnte aber ohnedies wie so oft herabgemindert angegeben worden sein) Syrer Frauen ans Geschlecht greife, hätte das nichts mit sexueller Gewalt zu tun. Und dann berichtet er von einem selbst erlebten Über-Griff aus seiner Jugendzeit, und dass seine Mutter sagte, nichts Ärgeres sollte ihm passieren im Leben. Beides ist Verharmlosung […]

„Schupferl“

Es sei ja nur ein „Schupferl“ gewesen, verharmlost der Leobner Vizebürgermeister Geiger (welcher Partei er angehört, lasse ich als unerheblich weg — das können Interessierte ja im Internet nachschauen) den Stoß, mit dem einer von drei Polizisten eine Frau zu Fall gebracht und die Verletzte anschließend liegen gelassen hat. Das war schon im Mai, stand zu lesen, und weil damals behauptet wurde, die Frau sei wegen ihrer Alkoholisierung gestürzt, wurde ihr Vorwurf der Tätlichkeit nicht weiter verfolgt (Der Standard, 23. 8., S.8).

„Anhänger“

Wer meinen „Brief gegen Gewalt“ Nr. 130 („Frauenverachtung“) vom 18. 8. liest, wird wohl erkennen, dass er aus dem Andenken an meine geliebte Großmutter entstanden ist – und aus meiner eigenen Betroffenheit, wenn mir irgendwelche abwertenden Phantasien „umgehängt“ wurden – und, wie aktuell, werden.

Kampfsprache

Da lese ich soeben auf orf.online: Titel: „ÖVP schießt sich auf nächsten SPÖ-Mitarbeiter ein“, und erfahre vage, dass es thematisch um einen Tweet aus dem Bundespräsidentschaftswahlkampf geht, der sich auf die Körperbehinderung von Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer bezog. Danach heißt es, „Kritik … kommt etwa von Barbara Krenn, welche die ÖVP-Liste in der Steiermark anführt. Auf Facebook schreibt die Gastronomin, die im Rollstuhl sitzt, ,Ich habe dieses Posting damals als völlig jenseitige Aussage und sehr verletzend empfunden. Dass solche Aussagen jetzt jemanden für Höheres qualifizieren, ist schwer zu verdauen.‘ “

Frauenverachtung

Bundeskanzler Kern (SPÖ) sprach heute in Imitation des seinerzeitigen Vizekanzlers Wilhelm Molterer (ÖVP) „Mir reichts!“

Mir reichts auch.
Ich will mich nicht mehr fremdschämen.

Für wie dumm hält mich meine Partei SPÖ – der ich am 1. September 1967 (da habe ich meine erste Anstellung angetreten d. h. eigenes Geld verdient) beigetreten bin (vorher 1955 VSM, 1962 VSStÖ) – dass ich nicht merke, wie die Führungsriege versucht, Menschen – insbesondere Frauen – abzuwerten?