Paternalismus
Als ich als junge Rechtswissenschaftlerin 1968–1975 als Referentin in der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Oesterreichischen Nationalbank arbeitete (und zeitweise mit Franz Vranitzky das Zimmer teilte, war Deficit Spending das Thema: In Zeiten vermindertem oder ausbleibendem Wirtschaftswachstums mittels Investitionen auf Schuldenbasis die Wirtschaft ankurbeln. Damals sprach auch Bundeskanzler Kreisky sein mittlerweile „geflügeltes Wort“, dass ihm ein paar Milliarden Schulden weniger schlaflose Nächte bescheren würden, als hunderttausend Arbeitslose. Das sicherte ihm zumindest bei diesen Wählerstimmen. Keine bekam er dafür bei denjenigen, die eher den strengen Sparsamkeitskurs („austerity“) von Margaret Thatcher und später Ronald Reagan für den richtigen Weg hielten – vor allem auch, weil sie dadurch die Leistungsanstrengungen ankurbeln wollten.
Diese politischen Gegenströmungen wurzeln in einem wirtschaftswissenschaftlichen „Phantom“ – dem sogenannten „Magischen Dreieck“ von Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität (d. h. auch gleichbleibendes Preisniveau) und ausgeglichener Zahlungsbilanz als Ziel der Wirtschaftspolitik. Leider kann man gleichzeitig, so zumindest die bisherigen Erfahrungen, nur zwei der innewohnenden Ziele erreichen – alle drei zusammen hat bisher nicht so richtig geklappt. Regierungen müssen sich also für zwei dieser drei Bestrebungen entscheiden, und üblicherweise geschieht das zu Ungunsten der Geldwertstabilität und es steigt die Inflation […]