Rotraud A. Perner
23-09-2013
Tiefenpsychlogische Aspekte frühchristlicher Ikonographie
Der christliche Kultbau und christliche Kunst in der Spätantike
- Definition:
Büttner / Gottdang nennen die Ikonographie die „kunstgeschichtliche Lehre von Bildinhalten“ (Büttner/ Gottdang: 9). Deichmann hingegen betont, „Die Deutung des übertragenen, tieferen, hinter oder über den Darstellungen stehenden Sinnes gehörte stets zu den der Christlichen Archäologie eigenen besonderen Aufgaben.“, und erläutert: „Übertragender Sinn hat in der Tat im Bereich des Frühchristlichen eine außergewöhnliche Rolle gespielt.“ (Deichmann: 167).
Er sieht die Begründung dazu in der Geistigkeit und Religiosität der Epoche, die von der Vorstellung gekennzeichnet war, dass das Heil und die göttlichen Geheimnisse sich seit der Schöpfung nur in hintergründigen Andeutungen offenbaren. Zur Entschlüsselung boten die Schriften der frühchristlichen Väter vielfältigsten Anregungen (Deichmann: 167). Er zitiert dazu den katholischen Kirchenhistoriker Eduard Stommel (1910 – 1958): „Doch konnte gemäß der antiochenischen Exegese dem Literalsinn, das heißt dem wörtlichen Sinn, allein das Interesse gelten, während die von Origenes ausgehende alexandrinische Exegese über dem wörtlichen den tieferen Sinn zu erfassen suchte: ,so gibt es neben dem wörtlichen und buchstäblichen, nicht nur einen psychischen und tropologischen, sondern darüber hinaus noch einen pneumatischen oder tieferen, allegorischen Sinn.“ (Deichmann: 167).
Die klassische, auf Origenes‘ (185 – 254) Lehre vom dreifachen Schriftsinn zurückgehende Differenzierung nach einem vierfachen Schriftsinn kennt
- den körperlichen (somatischen) oder geschichtlichen Sinn der Heiligen Schrift, der die einfachen Gläubigen erbaut,
- während die fortgeschrittenen Gläubigen erst der seelische (psychische) Sinn der Schrift befriedigt,
- wohingegen Origenes den „Vollkommenen“ den geistigen (pneumatischen) Schriftsinn zuordnet.
- Im Anschluss an Origenes erweiterte Johannes Cassianus (gest. um 430) auf vier Deutungsmöglichkeiten und unterschied den (wörtlichen und historischen) Literalsinn vom (dogmatischen) allegorischen, weiters vom tropologischen, der eine moralische Aussage beinhaltet, und letztlich vom anagogischen, der die eschatologische Interpretation stützt (Danz: 67 f.). Den Sinn dieser Zugangs-Erweiterung sieht Danz im Versuch, Altes und Neues Testament in Hinblick auf das Bekenntnis zu Christus zu einem Einklang zu bringen. Dieser Zugang wird in weiterer Folge bei den Bildkompositionen von Typologien und Antitypologien (Deichmann: 168) wieder auftauchen.
Aus moderner Sicht kann nun aber noch, zumindest was bildhafte Darstellungen betrifft, ein fünfter Sinn ausgedeutet werden. Da jeder Interpret – und daher auch jeder Kunstschaffende – im Sinne des Satzes des weltberühmten österreichischen Kommunikationswissenschaftlers und Psychotherapeuten Paul Watzlawick (1921 – 2007), dass man immer etwas „von sich“ gebe, wenn man etwas von sich gäbe, daher unbewusste eigene seelischen Anteile mit einbringt, kann ein tiefenpsychologischer Sinn ergänzt werden, der einerseits als zeitabhängiger individueller Ausdruck von Ängsten und Hoffnungen, andererseits von persönlicher Frömmigkeit (oder aber Modeabhängigkeit) decodiert werden könnte.
- Geschichtlicher Überblick:
Solange Christen lebensgefährdende Repressionen zu erwarten hatten (wie etwa durch das Verfolgungsedikt Diokletians 303), war die Verwendung bildhafter christlicher Zeichen gefährlich und daher beschränkt.
So empfahl Klemens von Alexandrien in seinem Werk „Der Erzieher“, verschlossene Besitztümer mit einem Besitzzeichen zu versiegeln und riet dafür Ringe mit Siegelbildern zu verwenden, wofür er Taube oder Fisch, ein Schiff mit geblähten Segeln, einen Schiffsanker oder eine Lyra zur Auswahl stellte sowie einen Fischer (Deichmann: 112).
Diese Position stand nicht im Gegensatz zu den Bilderverboten in 2 Mose 20, 4 f. „Du sollst dir kein ,Bildnis‘ noch irgendein ,Gleichnis‘ machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!“ sowie 3 Mose 26, 1 bzw. 5 Mose 4,16 – 18: „Ihr sollt euch keine Götzen machen und euch weder Bild noch Steinmal aufrichten, auch keinen Stein mit Bildwerk setzen in eurem Lande, um davor anzubeten; denn ich bin der Herr, euer Gott.“ (Koch: 85), da es sich ja um eine begrenzte Funktion des Markierens handelt und nicht um Schaffung eine potenziellen Kultgegenstandes.
Der Grundgedanke des alttestamentlichen Bilderverbots ist die Gewissheit, dass die Urchristen um Gott zu verehren weder einen Tempel noch andere materielle Hilfsmittel benötigen: „Das Haus Gottes sind die Christen selbst.“ (Deckers: 15 f.) So wie auch Paulus (1 Kor 3,16) warnt der karthagische Bischof Tertullian (ca. 150 – 230), dass jede Figur verlocke, sie zu verehren; er sah Bildhauer und Maler als vom Teufel besessen an und wollte, dass sie bei Übertritt zum Christentum ihren Beruf aufgäben (Deckers: 16 f.).
Nachdem Kaiser Konstantin die christliche Lehre nach der Schlacht an der Milvischen Brücke 312 zur Staatsreligion erhoben hatte, war die Verheimlichung des Bekenntnisses nicht mehr notwendig und begannen damit künstlerischen Ausdrucksformen zu entstehen. Da Konstantin gleichzeitig die Hauptstadt seines Reiches nach dem hellenistischen Byzantium, das er in Konstantinopoulis umbenannte, verlegte (Rice: 49), ergab sich für die archäologischen Forschungen nicht nur die Frage nach der Herkunft der Kunstwerke sondern auch nach möglicher gegenseitiger Beeinflussung bzw. Konkurrenz.
In der für diese Arbeit verwendeten Fachliteratur – vor allem bei Deichmann – tauchen immer wieder Hinweise auf die verbreitete Mobilität der Künstler wie auch ein ausgebautes Transportwesen auf, die eindeutige örtliche aber auch zeitliche Zuordnungen erschweren.
In diesem Zusammenhang ist auf die beiden Epochen von Bilderverboten hinzuweisen – erster Bilderstreit unter Kaiser Leo III.726 und Beendigung durch die Witwe seines Nachfolgers Leo IV, Irene von Athen 780, zweiter Bilderstreit unter Kaiser Leo V. 815 bis Beendigung 843 durch Michale III. – die vor allem in den Klöstern nicht berücksichtigt wurden, aber die künstlerischen Entwicklungen behinderten.
Grundsätzlich kann man folgende Entwicklung christlicher Kunst (heidnische gab es ja längst) beobachten: beginnend im Bestattungsbereich (Sarkophage, Wandmalereien in Katakomben und Grüften, Mausoleen) erweitern sich die Darstellungen über den Bereich der Heiligen- und Reliquienkulte zu Wand- und Fußbodengestaltungen mit Malereien und Mosaiken um schließlich auch Buchmalereien insbesondere Bibelillustrationen zu umfassen.
Gleichzeitig verfeinern sich die Ausdruckformen nicht nur durch leichter zu bearbeitende Materialien (Kalkstein statt Marmor), sondern vor allem durch die Leistungsbereitschaft der Auftraggeber: so kann man bereits in den ursprünglich „privaten“ Nutzungen deutlich erkennen, wo Reiche Auftraggeber waren und wo es sich um Leistungen für weniger Zahlungskräftige handelte, vor allem aber, wo Kaiser oder Konsuln in Prachtbauten und deren malerische oder mosaizistische Ausstattung investierten.
Dennoch muss berücksichtigt werden, dass nur wenige Originalwerke erhalten sind und man sich daher auf literarische Erwähnungen oder auch Pläne und Skizzen beziehen muss.
- Die Stile:
Talbot Rice unterscheidet folgende drei Stile, die auch auf die zunehmende Befreiung von den bisherigen Einschränkungen hindeuten: er nennt sie
- den malerischen Stil, dessen Entwicklung Rice Alexandria zuspricht und den er als „dreidimensionalen Pseudorealismus mit Vorliebe für malerische Szenen und der Tendenz, Thema und Persönlichkeit zu idealisieren“ kennzeichnet (Rice: 14). Viele Wandgemälde wurden zerstört, man kennt sie nur durch Kopien, die Mitte des 19. Jh. in einer Katakombe entdeckt wurden (Rice: 15). Im Versuch, diesem Stil Kategorien unterzuordnen, teilte man ihn in den mit Landschaftsmalereien, danach einen mit Auftreten dekorativer und phantastischer Elemente (häufig als Wandteppich-Stil bezeichnet), gefolgt von ornamentalen Kompositionen und letztlich zierliche Rahmungen auf durchgehend weißem Grund (Rice: 17). Andere weitgehend den vorherigen entsprechende Kategorisierungen tragen die Namen Enkrustation-Stil (Marmorplatten als Wandverkleidungen), perspektivischer Stil, Ornatstil und verschlungener Stil (Rice: 17 f).
- den expressionistischen oder prosaischen oder erzählenden Rom zugeordneten (Rice: 21) Stil, dessen nunmehr in dynamischen Kontexten aufscheinende Figuren starr und frontal dargestellt sind mit einem im Verhältnis zum Körper übermäßig vergrößerten Kopf (Rice: 23).
Vermutlich lag es an noch mangelnder Übung beim Ausmalen der Wände der Monumentalbauten dieser Zeit, möglicherweise sollte aber auch Ruhe und Übermenschlichkeit präsentiert werden. Darauf deutet auch das lange Gewand Jesu am Kreuz hin statt des in der westlichen Reichshemisphäre üblichen Lendentuchs.
Jetzt werden auch erstmals Gefühle dargestellt: „gleichzeitig verbanden sich ihm Schmerz und Leiden immer enger mit der Vorstellung von Heiligkeit.“ (Rice: 31).
- Zuletzt noch den neo-attischen Stil, der hellenistische Formen beibehielt.
Deichmann nennt andere Stilkomponenten, nämlich „Teilstile“: „sie beziehen sich auf die Dividualität und die Vizinalität, selten, ja fast nie auf die Figuralität.“ (Deichmann: 209).
- Unter Dividualität versteht man die Gestaltung der Proportionen der einzelnen Teile eines Körpers,
- mit Vizinalität wird die Frontausrichtung bzw. die Tendenz dazu bezeichnet,
- während Figuralität die Modellierung z. B. eines Faltenwurfs beschreibt (Deichmann: 213).
Diese Unterscheidungen betreffen aber vor allem plastische Darstellungen, finden sich aber auch in den spätantiken Malereien (Deichmann: 217 ff.).
- Die Bildinhalte:
Unabhängig von dem Brief des hl. Nilos von Ankyra ( gestorben um 430), in dem er den Schmuck der Kirchenwände mit Darstellungen des Alten und Neuen Testaments empfiehlt, stellt/e sich die Frage der Sinngebung solcher Wandmalereien bzw. Mosaike. Einerseits sollten die des Schreibens Unkundigen zur Nachahmung der Diener Gottes motiviert werden: es sollte primär der Literalsinn manifestiert werden. Andererseits hatte Nilos wohl nicht nur didaktischen sondern auch memorative Zwecke im Sinn (Deichmann: 186). Aber geht der Nachahmung nicht immer zuerst eine Identifikation voraus?
Aus der seit Mitte der 1990er Jahre wachsenden Gehirnforschung mit bildgebenden Methoden weiß man genau, wie der Anblick von Vor-Bildern identifikatorisch die Aktivität von Spiegelnervenzellen auslöst, wobei der nicht dargestellte Verlauf von Handlungen je nach bereits geprägten Neurosignaturen dazuphantasiert wird (nachzulesen vor allem in allen Büchern des Freiburger Neurowissenschaftlers Joachim Bauer).
Faszinierend hingen ist die Erkenntnis, dass viele Objekte der darstellenden Kunst unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeiten und Orten mit gleichen Bedeutungen auftauchen und ebenso in den Träumen und Tiefenphantasien von Menschen unterschiedlichster Kulturen. C. G. Jung, der sich der Erforschung dieses Phänomens widmete, sprach von „Archetypen“ – „Urbildern der Seele“. Die in der Ikonographie der ersten 5 Jahrhunderte n. u. Z. am häufigsten auftretenden derartigen Bildgestalten sollen hier aus dem Erfahrungsschatz der Autorin – ausgebildet nach Freud wie auch Jung – aus über 40 Jahren psychotherapeutischer Berufstätigkeit ergänzt werden.
- Der Pfau: In der ersten Phase christlicher Bilddarstellungen dominierten naturalistische Darstellungen wie Vasen mit zwei anbetenden Vögeln – ein altes östliches Konzept, wobei der Pfau als Symbol der Wiederauferstehung gedeutet wurde (weil sein Fleisch unvergänglich gedacht wurde und seine Federn nachwachsen) (Rice: 19 f.)
Tiefenpsychologisch gedeutet drängt sich allerdings der Vergleich des Pfauenrades mit dem Strahlenkranz der erhöhten Gottheit auf, was beides Kraft und Herrlichkeit symbolisiert. Das Bild eines Pfaus in sich aufzunehmen ist eine Form von Meditation und ermöglicht die Partizipation mit diesem Sinngehalt.
- Der Fisch: der Fisch sei ein phallisches Symbol, aber auch Opfertier und Symbol für die maritime Schöpfung, stünde aber au wegen des Akrostichons Ichthys für Christus, und hätte außerdem eucharistische Bedeutung, schreibt Deichmann (Deichmann: 171 f.). Tiefenpsychologisch verstanden ist der Fisch das Lebewesen, das in die Tiefe und damit zum Urgrund tauchen kann. Es lebt im Wasser – dem Symbol für Fühlen als Ausdrucksform des Seelischen – und gleichzeitig dem Stoff, aus dem alles entsteht (Fruchtwasser).
- Die Taube: sie könne anknüpfend an die Noah-Geschichte Frieden symbolisieren, schreibt Deichmann, stünde aber auch als Symbol Christi, des Logos, des Heiligen Geistes, als Tugendvorbild z. B. für Unschuld, aber auch für die Apostel, die Kirche, die Gläubigen; im sepulkralen Bereich sei sie aber auch als Haus- und Spielvogel zu deuten (Deichmann: 172). Im Orient galt die Taube aber auch als Fruchtbarkeitssymbol, steht in einem meiner sexualsoziologischen Fachbücher – leider habe ich augenblicklich nicht die Zeit, alle nach der Stelle zu durchforsten, kann das aber gelegentlich nachholen – und wurden Darstellungen von Tauben, die auf zwei Eiern sitzen, als Metapher für den männlichen Zeugungsapparat verstanden.
- Das Lamm: steht für den Täufer, Jesus Christus, die Eucharistie, für die Apostel, aber auch einzelne Heilige und einfache Christen (Deichmann: 172). In Träumen tauchen Lämmer aber als Symbole für Vertrauen, Hingabe aber auch Opfer von Verfolgung (durch wilde Tiere) auf! damit zeigt sich eine noch stärkere Verbindung zur Genese des Christentums.
- Oranten sieht Deichmann als personifizierte Gebete, abgeleitet von der römischen Pietas (Deichmann: 178). Dazu ist tiefenpsychologisch anzumerken, dass es auf die Handhaltung der Beter ankommt, ob sie damit unbewusst Ehrfurcht (vor der Brust gekreuzte Hände), Dienstbereitschaft und Bitte (gefaltete Hände), Sammlung (verschränkte Hände) demonstrieren oder mit erhobenen Händen Lichtenergie aufnehmen wollen. Bei der Handhaltung, die Faust einer Hand in der anderen zu bergen, kommt es darauf an, ob die linke – die Gefühlshand (unter der Dominanz der rechten Gehirnhemisphäre) von der rechten umschlossen wird oder die rechte (Denkhand, linke Gehirnhälfte dominant) von der linken, wie sehr sich der orans Gott öffnet.
- Der gute Hirte: Der Schafträger galt zumindest zur Zeit Tertullians (ca. 150 – 220), der gegen diese Darstellung polemisierte (Deichmann: 173) – vielleicht, weil dieses Sujet heidnischen Ursprungs war. Deichmann interpretiert die Häufigkeit der Darstellung mit Sehnsucht nach einem friedlichen und glücklichen Leben (Deichmann: 174) oder Versinnbildlichung von Menschenliebe (Deichmann: 175). Den christlich-soteriologischen Bezug leitet der Autor von Lk 15,6, 7 und dem Gleichnis vom verlorenen Schaf ab wie auch von Psalm 23, wo der Hirte Herr zu frischem Wasser – dem Taufwasser – führt (Deichmann: 176).
Tiefenpsychologisch gedeutet zieht das Tragen und Getragenwerden Aufmerksamkeit auf sich: es erinnert an die Zeit der frühen Kindheit und die allen Kleinkindern innewohnende Sehnsucht nach dieser „Tragfähigkeit“ der Elternfiguren, daher auch der Elternsymbolik in der Beziehung zu eine alles verzeihenden Gott.
Ich persönlich kenne dieses Gefühl des Getragenseins aus meiner religiösen Erfahrung; ich habe es verspürt wie eine riesengroße Hand, die einen erfasst und in der Handfläche bewahrt. Dieses Empfindung ist selbst jetzt in der Erinnerung kaum auszuhalten, so grenzüberschreitend jeglicher Begrenzungen fühlt es sich an.
- Ähnliche Gefühle mögen auch Darstellungen der Ereignisse rund um Jonas, Lazarus und Hiob oder Daniel in der Löwengrube oder die drei Jünglinge im Feuerofen bei Meditierenden ausgelöst haben (Deichmann: 181).
Wer solche Berichte erfährt, wird unbewusst „eingeladen“, sich mit irgendeiner Gestalt zu identifizieren (wie es ja auch beim Ansehen von Filmen aber auch Realszenen geschieht, was die junge computergestützte Gehirnforschung nachweisen konnte). Wer diese biblischen Geschichten einmal vollständig ins Gedächtnis übernommen hat, wird sich mit den Namensgebern identifizieren, denn damit steht er oder sie Gott gegenüber und wird seiner Gnade teilhaftig.
- Ecclesia und Synagoge werden oft mit gegensätzlichen Attributen dargestellt, jene positiv, diese negativ. Darin verborgen liegt die Sehnsucht des Menschen, keine Fehler zu machen und damit der Erlösung wert zu sein.
- Typologien und Antityp: Neben der Paradigmatik, Allegorese und Symbolik ist schon früh die Typologie, „das heißt der von Beginn der Welt in allem Geschehen, dem irdischen wie dem himmlischen, sich immer wieder manifestierende Hinweis auf das Kommen, das Wirken, auf das Opfer und die ewige Herrschaft Christi“ (Deichmann: 168) in christlicher Betonung dazu getreten. Der Typos – meist aus dem Alten Testament – weist auf das Kommende mit seinen Andeutungen und Zeichen für das, „was sich im Antitypos, das heißt in Christus, seinem Wirken und seinem ewigen Reich erfüllt oder noch erfüllen wird“ (Deichmann: 168). Als Beispiele dazu nennt Deichmann etwa die Erweckung des Lazarus und die Auferstehung, den Sündenfall versus die Verkündigung des Engels an Maria, den Holz tragenden Isaak und den das Kreuz tragenden Jesus oder die von Moses erhöhte Schlange und den am Kreuz erhöhten Jesus (Deichmann: 188).
Verwendete Literatur:
Büttner Frank / Gottdang Andrea, Einführung in die Ikonographie. Wege zur Deutung von Bildinhalten. C. H. Beck, München 2006.
Danz Christian, Einführung in die evangelische Dogmatik. WBG, Darmstadt 2010.
Deckers Johannes G., Die frühchristliche und byzantinische Kunst. C. H. Beck, München 2007.
Deichmann Friedrich Wilhelm, Einführung in die christliche Archäologie. WBG, Darmstadt 1983.
Grabar André, Die Kunst des frühen Christentums. Von den ersten Zeugnissen christlicher Kunst bis zur Zeit Theodosius‘ I. C. H. Beck, München 1967.
Koch Guntram, Frühchristliche Kunst. Eine Einführung. W. Kohlammer, Berlin 1995.
Poeschel Sabine, Handbuch der Ikonographie. Sakrale und profane Themen der bildenden Kunst. WBG, Darmstadt 2005/ (4.) 2011.
Rice Talbot, Beginn und Entwicklung christlicher Kunst. M. DuMont Schauberg, Köln 1961.
Riese Brigitte, Seemanns Lexikon der Ikonografie. Religiöse und profane Bildmotive. E. A. Seemann, Leipzig 2007.