Ein Küsschen in Ehren?

Von dem Psychoanalytiker Sándor Ferenczi (1863–1933) gibt es einen verschriftlichten Vortrag „Sprachverwirrung zwischen dem Erwachsenen und dem Kind“, in dem er sexuelle Übergriffe so erklärt, dass kleine Kinder in der Sprache der Zärtlichkeit „sprächen“, wenn sie einen geliebten Erwachsenen beispielsweise umarmen oder küssen, aber manche Erwachsene darauf in der Sprache der Leidenschaft und damit unangemessen, grenzüberschreitend und damit letztlich gewalttätig antworteten.

Man kann nunmehr die Frage stellen: Aus welchen Motiven nehmen sich Erwachsene (oder Mächtigere) diese Freiheit oder besser Frechheit heraus? Weil sie unwissend sind, dass sie damit gesundheitsschädlich wirken? Weil sie es so gewohnt sind – vielleicht aus eigenem Erleben anderen das antun was ihnen angetan (und verharmlost) wurde? Weil sie Grenzen austesten wollen? Weil sie glauben, dass sie sich alles erlauben können – und Kinder (oder Schwächere) alles erdulden müssen? Oder weil ihnen andere „wurscht“ sind? Oder weil sie einfach nicht denken wollen? Oder … Motive gibt es viele, welche im konkreten Fall bestimmend sind, kann man nur in der eigenen Reaktion erspüren oder in gezielter Beobachtung erahnen – denn „zugeben“ und sich entschuldigen setzt ja Selbstreflexion und Bekennermut voraus.

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