Einträge von EstherVie

Strafangemessenheit

Der Pädagoge, der seine Sexualität mit Schülerinnen ausleben mochte (vgl. „Brief“ 128), ist – nicht rechtskräftig – zu zwei Jahren unbedingter Haft (unter Anrechnung der Untersuchungshaft) verurteilt worden.

Viele, die das jetzt aus den Medien erfahren und auch die Erwägungen des Gerichts, einerseits das reumütige Geständnis und den bisherigen untadeligen Lebenswandel des Beschuldigten – aber ist Letzteres nicht eigentlich selbstverständlich, überhaupt für einen Pädagogen, also jemand der Kinder und Jugendliche aufs Leben vorbereiten soll – als strafmildernd zu berücksichtigen, andererseits hingegen die lange Dauer und die Vielzahl der Übergriffe (samt zumindest visueller Dokumentation) als erschwerend zu bewerten, mögen dieses Urteil als zu hart empfinden […]

Verbotene Liebe

Heute steht in Wr. Neustadt ein 35jähriger Lehrer wegen einer zwei Jahre dauernden sexuellen Beziehung mit einer zu Beginn 13jährigen Schülerin vor Gericht, lese ich soeben in orf.online. Man habe bei ihm sogar Nacktfotos und Videos gefunden, die das bewiesen […]

Schockzustände

„Erst nachdem sie geduscht hatte, entschloss sich die 24jährige die Polizei zu rufen“ lese ich im heutigen Kurier über deren Vergewaltigung auf der Rolltreppe der U-Bahn-Station Neubaugasse, „Als die Frau zur Polizei kam, stand sie noch unter Schock und war nicht vernehmungsfähig“. Das Wort „entschloss“ passt nicht – es müsste heißen: „war sie fähig“.

Als ich in den 1990er Jahren laufend Schulungen zum Thema „Wahrheitsfindung nach Vergewaltigung“ für die Sicherheitsakademie des Innenministeriums abhielt, war mir wichtig, deutlich zu machen, dass die Bewältigung schockierende Erlebnisse in Phasen abläuft, die allerdings individuell unterschiedlich lang dauern können.

Organmandat der Sprachpolizei

Da lese ich heute in orf.online „Die ÖVP gibt sich weiterhin über die Verhaftung des bisherigen SPÖ-Beraters Tal Silberstein entrüstet“. Leider steht kein Name dabei, wem diese tendenziöse Formulierung – bewusst oder unbewusst, aber auch dann für die geistige Einstellung symptomatisch – in die Tasten geflossen ist. Mit dem Wörtchen „gibt“ wird ja ausgesagt, dass es sich nur um eine Pose handle und nicht um eine echte Haltung. (Korrekt wäre die Wortwahl „zeigt sich“ gewesen.)

Außerdem wird mit dieser Formulierung der Fokus auf die Verhaftung gelegt – und nicht auf das inkriminierte Verhalten, das ja erst bewiesen werden muss. Wer auch immer diesen Satz zu verantworten hat – er oder sie braucht dringend eine Sprachschulung (gerne bei mir in meiner Akademie für Salutogenese und Mesoziation (ASM)).

Kinderfreunde

Die Staatsanwaltschaft hat gegen das ihrer Ansicht nach zu milde Urteil 18 Monate bedingte Freiheitsstrafe, 2.169,– € Geldstrafe und Berufsverbot für Arbeit mit Kindern berufen, lese ich soeben in orf.online. Das Gericht hatte demgegenüber die polizeiliche Selbstanzeige des Ex-Kindergärtners, den selbständigen Beginn einer Psychotherapie und den Versuch der Schadensgutmachung bei der Strafbemessung wohlwollend anerkannt.
Ich frage mich: Auf welche Weise hat der Vorschulpädagoge Schadensgutmachung versucht?

Zutraulichkeit

Anfang Juli vergangenen Jahres war ich Teilnehmerin an der Eröffnungsdiskussion des Friedensfestes in Augsburg. Nach der Festveranstaltung gäbe es einige hundert Meter entfernt vom Rathaus noch Musik und Speisen zur weiteren Verschwisterung mit Menschen aus anderen Kulturen, lud uns „Promis“ das multikulturelle Veranstaltungsteam ein. Da war es ungefähr 21.30 Uhr, eine laue Sommernacht […]

First Gummistiefel

„Der Landesvater schien verzweifelt“, formulierte Christian Böhmer im gestrigen Kurier unter der Überschrift „Gratwanderung in Gummistiefeln“ und setzte einige Zeilen später seine Interpretation mit „Und das Bild des nachgerade trauernden Landeshauptmanns gehört bis heute zu den am stärksten polarisierenden Fotos, die von den umtriebigen Radlbrunner existieren.“ […]

First Ladies

Brigitte Macron soll kein eigenes Budget als „première dame“ erhalten, fordern über 190.00 Unterzeichnende einer Online-Petition, zwei Sicherheitskräfte müssen genügen und zwei bis fünf AssistentInnen, um Bittbriefe zu beantworten, immerhin sei Sparen angesagt.

Die Unterschriftenzahl beeindruckt mich nicht. Im Internet sind Aufrufe schnell unterstützt, der Text spricht einen an, und oft kommt man erst Tage später drauf, dass dahinter unausgesprochen noch ganz andere Ziele verborgen sind, als die aus der Resolution erkennbaren, das weiß ich aus leidiger eigener Erfahrung (wie z. B. bei „Weil’s um was geht“).

Zur Identifikation mit dem Gesetz

Als ich Jus studierte (1962–1966), lernten wir viel, wie Gesetze zustande kommen – formal. Wie sie tatsächlich zustande kommen, nämlich von der Idee bis zur legistischen Ausformulierung, Abstimmung in der gesetzgebenden Körperschaft und Ratifizierung, erfuhr ich erst in der Zeit als ich Mandatarin einer politischen Partei war. Ich lernte die Strategien und Taktiken wie Gesetzesvorhaben propagiert werden – und ich verspürte die Gegenwinde und -stürme, mit denen psychologische Kriegsführung betrieben wurde (besonders Anfang der 1970er Jahre, als es um die Gesetzwerdung der Fristenlösung ging).

Straf-Aus-Maß

Minister Sebastian Kurz hat die niedrigeren Strafen bei Gewalt- im Vergleich zu Vermögensdelikten kritisiert und wurde sofort von Bundeskanzler Christian Kern zur Besonnenheit aufgefordert.
Offensichtlich weiß Kern nicht, dass diese Forderung, körperlich-seelisch-geistige Unversehrtheit müsse das größere Schutzgut sein als Besitz und Eigentum, eine langjährige Forderung von SPÖ-Frauen ist …