Nachrufen

Gestern hat sich der Psychoanalytiker Harald Picker mit einem Herzinfarkt von dieser Welt verabschiedet. Ihm verdanke ich den Berufswechsel von der Juristerei zu Psychoanalyse – und zwar zu der „im Feld“, dort, wo sich die problembelasteten und „bindungsfreien“ Menschen „herumtreiben“.

Ich hatte damals, 1975, als „flankierende Maßnahme“ zur Fristenlösung, an der ich selbst mitgearbeitet hatte, über Anregung von Rosemarie Fischer – heute Santha – eine Familienberatungsstelle gegründet, und wir durften einmal in der Woche die Räume des Sozialtherapeutischen Instituts in der Wiener Puchsbaumgasse (einer ehemaligen Mutterberatungsstelle) in Anspruch nehmen (ein Foto von uns befindet sich auf www.perner.info bei meiner Biographie). Hausherr dort war Harald Picker — und der bildete dort auch psychoanalytisch fundierte Sozialtherapeut:innen aus. Da die Ankündigungen der Seminare an den Wänden hingen, meldete ich mich zu dem einen oder anderen an und erwarb einen anderen, tiefenpsychologischen Blick auf Menschen in Krisensituationen als den gefühlsvermeidenden juristischen. Und dann sagte Harald Picker einmal zu mir, ihm falle auf, dass andere Leute andauernd ihre eigenen Charaktereigenschaften auf mich projizierten: Die Faulen sagten, „Die arbeitet ja eh nix!“ und die Fleißigen „Pah, was die alles schafft!“, die Geduldigen sagten, „Die hat ja eine Engelsgeduld! Ich hätte schon längst alles hingeschmissen!“, und die Aggressiven sagten „So eine wehrhafte Frau! Die lässt sich nichts gefallen!“, und die Intriganten sagten „Wer weiß, was die schon wieder im Schilde führt!“, während die Friedfertigen sagten, „Die lässt sich nicht zu Untergriffen provozieren …“ und so weiter … und dann sagte Harald: „Mach doch einen Beruf daraus – werde Psychoanalytikerin!“ […]

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